Juni 1990: Gang nach Canossa Teil 1 – der PWV Speyer auf den Spuren Heinrichs IV.

Oberbürgermeister Dr. Christian Roßkopf (6. v.l.) verabschiedet die „fröhlichen Büßer“ vor dem Portal des Domes. Von links: Friedrich Germann, Elisabeth „Liesel“ Germann, Dr. Günther Blum (als Heinrich IV), Helga Blum (als seine Gehmalin Bertha), Elisabeth Scherer, Hedi Haber, Emmi Wüst, Maria Scherer, Gertrud Sassin, Margarete Schramm, Erwin Schramm Bild: Gerhard Kayser

„War es Verwunderung oder Müdigkeit, weshalb sich gestern morgen einige Frühaufsteher die Augen rieben, als sie auf dem Weg zur Arbeit am Dom vorbeikamen? Dort hatte sich kurz nach halb sieben ein munteres Grüppchen in historischen Kostümen vor dem Kirchenportal in Positur gestellt, um gleich darauf von fast einem Dutzend Fotografen abgelichtet zu werden.“

Was die Speyerer Tagespost in ihrer Ausgabe vom 19. Juni 1990 beschrieb, war ein Ereignis der ganz besonderen Art. Es handelte sich nämlich um 41 Speyerer „Bußgänger“, die sich unter der Leitung von Axel Haber vom PWV Speyer, der schon die Vortour und Planung übernommen hatte, bei der vom Pfälzerwald-Verein ausgerichteten Fahrt nach Canossa auf den Weg machten. Federführend bei der Planung waren neben Axel Haber seine Frau Heidi sowie Margarethe und Erwin Schramm. Knud Grether brachte die Teilnehmer während der Reise auf den aktuellen Stand der historischen Forschung.

Der damalige Oberbürgermeister Dr. Christian Roßkopf verabschiedete die „fröhlichen Büßer“, wie er sie nannte, persönlich. Die wollten indes die Alpen nicht zu Fuß überqueren, was mehr als nachvollziehbar war, hatten sie sich doch nicht – wie Heinrich einst – mit dem Papst angelegt. Vielmehr ging es darum, die Ereignisse aus dem Jahre 1076 zur 2000-Jahr-Feier der Domstadt weitgehend detailgerecht nachzustellen. So beschränkte sich die historische Wanderstrecke zunächst auf die Distanz, die es vom Domportal zum Einstieg des modernen Reisebusses zu bewältigen galt. Erstes Tagesziel: Besançon in Frankreich, die Stadt, in der Heinrich IV. das Weihnachtsfest feierte.

Eine von Helga Blum gezeichnete Karte des Wegverlaufs und der Lage der verschiedenen französischen, schweizerischen und italienischen Städte.

Zum Hintergrund: Als Gang nach Canossa bezeichnet man den Bitt- und Bußgang des römisch-deutschen Königs Heinrich IV. von Dezember 1076 bis Januar 1077 zu Papst Gregor VII. zur Burg Canossa  (Heinrich war zu diesem Zeitpunkt noch König, der Bußgang ermöglichte es ihm, sich später zum Kaiser krönen zu lassen). Dies war notwendig geworden, nachdem Heinrich IV. im Zuge seiner Auseinandersetzung mit dem Papst exkommuniziert worden war. Gemäß zeitgenössischen Quellen soll der König drei Tage lang vor den Toren der Burg um die Wiederaufnahme in die Kirche gefleht haben. Schließlich gewährte ihm der Papst Einlass und erteilte ihm die Absolution. Der Bußgang war ein Höhepunkt eines Streits zwischen dem Römischen Königtum und dem Papsttum um das Verhältnis von weltlicher und geistlicher Macht und um die Rolle der Reichskirche. (Quelle: Wikipedia)

Von Besançon aus führte die Reise der Speyerer auf den historischen Spuren Heinrichs IV. weiter nach Genf, Annecy, über den Col du Mont Cenis und Susa zum Kloster Vezzolano. Von dort aus ging es weiter nach Vercelli, Pavia und Piacenza, bis die Reisegruppe schließlich Reggio Emilia erreichte. Von dort aus eröffnete Heinrich einst die Verhandlungen mit Papst Gregor VII. Am 25. Januar 1077 erschien der gebannte König erstmals vor der Burg Canossa. Die Speyerer Delegation suchte sich dafür den 26. Juni 1990 aus. > zum zweiten Teil