Juni 1990: Gang nach Canossa Teil 2 – nach Besançon und über den Col du Mont Cenis

Die Speyerer PWV-Gruppe genießt vom Fort Chaudaune oberhalb der Stadt aus den Blick auf Besançon.

Im Jahre 1076 war das Leben vor allem eines: langsam. Während heute der Nachtzug nach Canossa braust, musste die 700 Kilometer lange Strecke einst mit Pferden, Maultieren, Ochsen, Holzkutschen und zu Fuß mühsam überwunden werden. Hinzu kam, dass die Heinrich feindlich gesinnten Herzöge Süddeutschlands die Alpenübergänge versperrten, so dass er mit seinem Gefolge den weiten und gefährlichen Umweg über Burgund und den Col du Mont Cenis nehmen musste. Der anstrengende Alpenübergang wurde von dem Geschichtsschreiber Lampert von Hersfeld im Januar 1077 wie folgt beschrieben:

Wanderung entlang des Doubs.

„Hier nun mussten die Männer alle Gefahr mit ihren Kräften zu überwinden suchen, und bald auf Händen und Füßen kriechend, bald auf die Schultern ihrer Führer sich stützend, bisweilen auch, wenn ihr Fuß auf dem schlüpfrigen Boden ausglitt, fallend und weit fortrollend, langten sie doch endlich mit großer Lebensgefahr in der Ebene an.“

Angesichts dieser Situation, die von „Ross und Reiter“ alles abverlangte, war es notwendig, zahlreiche Zwischenhalte einzulegen. Einige der Etappen Heinrichs seien hier stichwortartig aufgeführt, wobei sich der genaue Zeitpunkt nicht immer eindeutig bestimmen lässt:

  • 1076, kurz vor Mitte Dezember: Heinrich verlässt mit seiner Gemahlin, der Königin Bertha, seinem Sohn Konrad (III.) und kleinem Gefolge Speyer mit dem Ziel Burgund.
  • 25. Dezember 1076: Heinrich begeht das Weihnachtsfest am Hofe Graf Wilhelms von Burgund in Besançon.
  • 1077 um den Jahreswechsel: Heinrich trifft, nachdem er bei Genf die Rhone überschritten hat, seine Schwiegermutter, die Markgräfin Adelheid von Turin.
  • Anfang Januar 1077: Heinrich überquert die Alpen über den Col du Mont Cenis.
  • Mitte Januar 1077: Heinrich durchquert die Stadt Turin.
  • 1077, vor dem 25. Januar, Reggio Emilia, Bianello und Montezane: Heinrich führt Verhandlungen mit dem auf der Burg Canossa befindlichen Papst Gregor VII. unter Vermittlung der Markgräfin Mathilde von Tuszien-Canossa, seiner Schwiegermutter, der Markgräfin Adelheid von Turin, sowie deren Sohnes Amadeus, seines Paten, Abt Hugo von Cluny, des Markgrafen Albert-Azzo (II.) von Este sowie weiterer italienischer Fürsten.

Quelle: Regesta Imperii, Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz.

Die Porta Nigra von Besançon, dahinter die Kathedrale St. Jean.

Weil die Speyerer Reisegruppe mit dem Bus wesentlich schneller unterwegs war als Heinrich und seine Getreuen, konnte sie sich für die Besichtigung der verschiedenen Städte Zeit nehmen. So heißt es in Helga Blums Tagebuch zum Aufenthalt in Besançon: „Um 14 Uhr beginnt eine etwa dreistündige Stadtführung, teils zu Fuß, teils mit dem Bus. Unser Hauptaugenmerk gilt dabei der Kathedrale St. Jean, in der die Eltern Heinrichs IV., Heinrich III. und Agnes von Poitou, am 5. Oktober 1043 ihre Verlobung feierten“. Doch die PWVler haben nicht nur Kirchen besichtigt, sondern sind auch am Fluss Doubs entlang gewandert. Fortsetzung folgt…

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